Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Weltraumwetter

Weltraumwetter. Das klingt  nach etwas, das uns hier auf der Erde herzlich egal sein könnte. Doch Weltraumwetter kann unsere moderne Infrastruktur empfindlich treffen und bspw. die Satellitennavigation, Funkverbindungen oder Stromnetze gefährden.

Was ist Weltraumwetter?

Zwar umfasst der Begriff Weltraumwetter z. B. auch die galaktische kosmische Strahlung der Milchstraße, hauptverantwortlich zeichnet aber unsere Sonne mit ihrer komplexen und variablen Atmosphäre. Aus dieser Atmosphäre entfliehen unablässig Teilchen in alle Richtungen ins Weltall. Auf diese Weise verliert die Sonne pro Sekunde mehr als eine Million Tonnen an Masse. (Im Vergleich zur Gesamtmasse der Sonne - ca. 2 ⋅ 1030 kg - ist das glücklicherweise aber immer noch ein sehr kleiner Wert.) Dieser so genannte Sonnenwind besteht aus geladenen Teilchen. Seine Dichte und Geschwindigkeit bestimmen das Weltraumwetter. Ungefähr alle elf Jahre ist die Sonne besonders aktiv, sodass häufiger als sonst Sonneneruptionen stattfinden. Dabei werden ausbruchsartig große Mengen Material von der Sonne weggeschleudert. Die Ursache ist das starke Magnetfeld der Sonne, das sich während dieser Aktivitätsmaxima besonders schnell und heftig ändern kann.

Störungen durch Sonnenstürme

Satelliten und Infrastruktur im interplanetaren Raum sind dem Sonnenwind ausgesetzt und bei unruhigen Verhältnissen in der solaren Atmosphäre besonders durch geladene Teilchen gefährdet. Weltraumwetter hat in der Vergangenheit schon zum Verlust von Satelliten geführt – unter anderem von Starlink-Satelliten. Auf der Erdoberfläche sind Mensch und Infrastruktur durch das Erdmagnetfeld weitgehend vom Sonnenwind abgeschirmt. Nur an den Polen dringen geladene Teilchen tiefer in die Erdatmosphäre vor und erzeugen z. B. Polarlichter. Starke koronale Massenauswürfe kann das Magnetfeld der Erde jedoch nicht vollständig abhalten. Dann kann es zu einer Beeinflussung der elektronischen Infrastruktur kommen. In seltenen Fällen verursachen sie z. B. Stromausfälle sowie Störungen in der Satellitennavigation, der Kommunikation oder im Bahnverkehr.

Messung der Sonnenaktivität

Um Ausfälle zu vermeiden und unsere technische Infrastruktur zu schützen, ist es wichtig, die Sonnenaktivität zu überwachen und im Idealfall z. B. das Eintreffen sowie mögliche Auswirkungen eines koronalen Massenauswurfs vorherzusagen. Man unterscheidet in diesem Zusammenhang häufig bodengebundene und satellitengestützte Beobachtungsinfrastruktur, die sich gegenseitig ergänzen.

Satellitenmissionen sind im Vergleich zu traditionellen Observatorien unwahrscheinlich teuer. Die mithilfe von Satelliten zugänglichen Messdaten erlauben dafür aber häufig bessere Vorhersagen als Beobachtungen von Instrumenten auf der Erdoberfläche. So können Satelliten am sogenannten L1-Punkt (Lagrange-Punkt, ein bestimmter Punkt auf der Sichtachse zwischen Sonne und Erde) die Bedingungen im Sonnenwind messen, bevor dieser die Erde erreicht. Damit lassen sich nicht alle, aber einige der potentiellen Schadensereignisse mit einer gewissen Vorwarnzeit detektieren.

Im Vergleich dazu ist bodengebundene Infrastruktur sehr viel kostengünstiger und einfacher zu warten. Dafür gibt es Einschränkungen wie die lokale Bewölkung für optische Beobachtungen oder die lokale Uhrzeit, da die Sonne ja nur tagsüber zu sehen ist. Man benötigt daher ein über den Globus verteiltes Netzwerk, wenn man die Sonne rund um die Uhr beobachten will. Bodengebundene Messungen eignen sich gut um den Istzustand der Sonnenaktivität und des Weltraumwetters zu charakterisieren, indem man insbesondere die aktuelle Weltraumwettersituation auf der Erde misst Direkte Beobachtungen der Sonne von der Erde aus, werden durch des Atmosphäre erschwert, da man die Sonne nur durch sie hindurch beobachten kann. Der Zustand der Luft hat dann einen Einfluss auf die Beobachtung und kann sie – und damit auf ihr basierende Vorhersagen – ungenauer machen.

Das Radioteleskop zur Beobachtung der Sonnenaktivität in Wettzell

Eine zentrale Messgröße zur Beschreibung der aktuellen Sonnenaktivität ist Strahlungsintensität bei einer Wellenlänge von etwa 10 cm bzw. – physikalisch korrekt – die spektrale Flussdichte der solaren Radiostrahlung bei der Frequenz 2800 MHz, entsprechend einer Wellenlänge von 10,7 cm. Trotz der grundlegenden Bedeutung dieser Messgröße gibt es aktuell nur wenige Radioteleskope, die diese Messgröße operativ erheben. Das Solar Flux Teleskop am Geodätischen Observatorium Wettzell liefert in dem Bereich daher einen wichtigen Beitrag zur globalen Weltraumwetterinfrastruktur.

Sonnensturm Elektromagnetische Strahlung erreicht die Erde innerhalb von ca. 8 min während die geladenen Teilchen aus der Sonneneruption noch unterwegs sind und einige Stunden bis Tage zur Erde brauchen.

Die Daten werden unter anderem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt verwendet und stehen zusammen mit den übrigen Weltraumwetterdaten des BKG öffentlich zum Download bereit. Siehe dazu: wesis.bkg.bund.de

Magnetometer zur Messung des Zustands des Erdmagnetfelds

Ergänzend zu unserem Radioteleskop betreiben wir zwei Magnetometerstationen in der Umgebung des GOW. Magnetometer sind Instrumente zur Messung des Erdmagnetfeldes. Treffen die geladenen Teilchen eines Sonnensturms auf der Erde ein, können sie starke Schwankungen des Magnetfeldes hervorrufen, die von den Magnetometern gemessen werden können. Sie liefern also Informationen über die aktuelle Weltraumwettersituation, in der sich die Erde befindet.

Natürlich messen Magnetometer jede Art von Magnetfeld, auch solche, die durch die Technik am GOW erzeugt wird. Deshalb ist das Observatorium kein guter Standort für die Magnetometer. Eine viel bessere Alternative ist unsere Station im Nationalpark Bayerischer Wald. Dort treten so gut wie keine magnetischen Störungen auf. Allerdings ist der Standort auch schwer zu erreichen und die Wartung der Instrumente daher aufwendig. Deswegen wurde ein weiterer Standort in der Nähe von Kollnburg (Landkreis Regen) ausgewählt, der ähnlich störungsarm und viel leichter zu erreichen ist.

Die Daten der Magnetometer und weiterer Instrumente des BKG stehen öffentlich zum Download bereit. Siehe dazu: wesis.bkg.bund.de

Sonnensturm Verzögerung von Signalen von Navigationssatelliten durch geladene Teilchen in der oberen Erdatmosphäre

Wer braucht Vorhersagen des Weltraumwetters?

Die Vorhersage von Weltraumwetterereignissen ist für verschiedene Bereiche wichtig. Satellitenbetreiber nutzen Weltraumwetterwarnungen z. B. im Rahmen ihrer Missionsplanung oder um ihre technische Infrastruktur zu schützen. In der bemannten Raumfahrt (z. B. auf der Internationalen Raumstation ISS) gibt es teils speziell abgeschirmte Bereiche um die Besatzung vor Weltraumwetterereignissen zu schützen.

Bei der Satellitennavigation muss der Einfluss der Ionosphäre, einer durch Sonnenstrahlung ionisierten Schicht in der oberen Erdatmosphäre, auf die Signallaufzeit zwischen Satellit und Empfänger berücksichtigt werden, wie in der Abbildung illustriert. Dieser kann sich je nach Weltraumwetterlage verändert. Basierend auf er Laufzeit wird letztlich die Position des Empfängers bestimmt. Fehler in der Laufzeitmessung durch veränderte Weltraumwetterbedingungen wirken sich direkt auf die Positionsbestimmung aus.  

In der Luftfahrt kommt zur Beeinflussung von Navigationssystemen die erhöhte Strahlenbelastung von Crew und Passagieren hinzu. Bei entsprechender Warnung passen die Airlines Flugrouten und -höhen an.

Bei der Bohrung von Öl- oder Gasfeldern geht es in die Tiefe, aber manchmal auch um die Ecke - in die Horizontale. Diese so genannten Richtbohrprojekte sind auf Beobachtungen des Weltraumwetters angewiesen. Denn hin und wieder werden für die Bestimmung der Bohrrichtung Messungen des Erdmagnetfeldes genutzt. Schwankt das Erdmagnetfeld durch den Einfluss der geladenen Teilchen eines Sonnensturms stark, ist das nicht mehr möglich.

Im schlimmsten Fall führt Weltraumwetter zu einem Stromausfall auf der Erde. Netzbetreiber können in solchen Fällen mit Hilfe von Weltraumwetterwarnungen durch geschickte Steuerung Instabilitäten und Stromausfälle vermeiden.