Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Ellipsoid, Koordinaten & Höhe

Koordinatensysteme

Nicht nur die Frage der Festlegung des Koordinatenursprungs und der Orientierung der Koordinatenachsen unserer Referenzsysteme ist für den Nutzer relevant. Auch die Wahl des mathematischen Koordinatensystems ist von grundlegender Bedeutung. So sind z. B. Koordinatenangaben in einem rechtwinkligen Koordinatensystems bei der Orientierung mit einer Karte üblich (Norden, Osten, Süden, Westen). In einem geozentrischen Referenzsystem sind sie hingegen selbst für den Fachmann wenig intuitiv. Hier verwendet man lieber Längen und Breitenangaben, die sich auf eine mittlere Erdkugel oder genauer gesagt auf ein Referenzellipsoid beziehen. Die Wahl des mathematischen Koordinatensystems hing zumindest in der Vergangenheit auch von den zur Verfügung stehenden Messmitteln und -methoden ab.  Vor der Nutzung der geodätischen Raumverfahren, wie VLBI, SLR und GNSS, basierte die Vermessung der Erde hauptsächlich auf Winkelmessungen. Beispiele hierfür sind der Theodolit, der Sextant oder der Kompass. In der Seefahrt werden bis heute die Geschwindigkeitsangaben in Knoten und die Entfernung in Seemeilen angegeben. Diese Angaben lassen sich aus den Winkelbeobachtungen und Breiten und Längenangaben leicht ableiten. Auch die relativ strikte Trennung der Lage- und Höhenbestimmung war in der Vergangenheit den zur Verfügung stehenden Messmethoden (trigonometrische Messungen und Nivellement) geschuldet. Erst im Zeitalter der Satellitengeodäsie und durch eine Vielzahl von Erdbeobachtungssatelliten sind eine echte dreidimensionale Vermessung der Erde einschließlich ihres Schwerefeldes und die Bestimmung zeitlicher Veränderungen der Erdoberfläche möglich geworden. In diesem Sinn sprechen wir heute von einem integrierten Raumbezug.

Referenzellipsoid

Sechs Parameter legen ein drei-dimensionales kartesisches (d. h. rechtwinkliges) Bezugssystem relativ zur Erde eindeutig fest: drei Koordinaten für den Ursprung, drei Winkel für die Orientierung der Koordinatenachsen. (Die Festlegung eines Maßstabsparameters wird hier außer Acht gelassen.) Bei der Orientierung auf der Erdoberfläche spielen aber Begriffe wie „Lage“ und „Höhe“ die wesentliche Rolle. Daher ist das kartesische Koordinatensystem für den Alltag in der terrestrischen Vermessung nicht geeignet. Mithilfe eines Referenzellipsoids als mathematische Rechenfläche lassen sich dreidimensionale Positionen im Raum als geographische Länge und Breite sowie ellipsoidische Höhe angeben. Bei der Verebnung der geographischen Koordinaten mittels Kartenprojektionen (z. B. UTM-Abbildung) wird das Referenzellipsoid ebenfalls benötigt. Vor der Ära der globalen Satellitengeodäsie konnten nur regional bestanpassende Ellipsoide aus Dreiecksnetzen bestimmt werden. Für die geodätischen Referenzsysteme von heute wird ein global bestanpassendes Ellipsoid festgelegt, das über die gesamte Erde die geringsten Abweichungen zur Erdfigur aufweist (vgl. GRS80 und WGS84). Der Koordinatenursprung des globalen Systems liegt im Zentrum des Ellipsoids und im Schwerpunkt der Erde, die Z-Achse steht senkrecht zur kreisförmigen Äquatorebene in Richtung der Erdrotationsachse.

Die große Halbachse (Äquatorradius) und die Erdabplattung (Verhältnis von großer Halbachse zum Polradius) bestimmen das Referenzellipsoid. Das Produkt aus Gravitationskonstante und Masse der Erde wird festgelegt, ebenso die Rotationsgeschwindigkeit der Erde.

Höhe ist nicht gleich Höhe

Täglich haben wir mit Höhenangaben zu tun. Jeder weiß, was oben und unten ist. Das Wasser der Flüsse fließt bergab und am Meeresspiegel sind die Höhen Null. Die Schwerkraft bewirkt nicht nur, dass wir mit beiden Beinen auf der Erde stehen, sie ist auch für die Bestimmung unserer Höhen von Bedeutung. Der Einfluss der wechselnden Anziehungskraft von Sonne und Mond auf den Meeresspiegel ist durch die Gezeiten deutlich sichtbar. Das Schwerefeld der Erde hat im Vergleich dazu eine deutlich größere, aber zeitlich konstante Auswirkung auf die Form des Meeresspiegels. Ohne Kenntnis der Erdanziehungskraft können keine eindeutigen Höhen über dem Meeresniveau berechnet werden. Aufgrund unterschiedlicher Wassertemperaturen und Salzgehalte hat der Meeresspiegel außerdem nicht an allen Orten das gleiche Niveau. Die Bestimmung von einheitlichen Höhen ist daher keine einfache Aufgabe. Global betrachtet, ist sie bis heute nicht zufriedenstellend gelöst.

Das klassische Messverfahren zur Bestimmung der Höhenreferenzsysteme ist das geometrische Nivellement. Das in Deutschland verwendete Höhenreferenzsystem wurde mit diesem Verfahren in den letzten 150 Jahren mehrfach bestimmt. Die Höhen beziehen sich auf das durch den Pegel von Amsterdam festgelegte Nullniveau und werden als Höhen über Normalhöhennull (NHN) bezeichnet. In den Ländern Europas gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Höhenreferenzsysteme, die sich vor allem durch das Nullniveau in Bezug zu unterschiedlichen Pegeln unterscheiden. An den Grenzen benachbarter Länder können dadurch Unterschiede im Dezimeterbereich auftreten.

In den letzten Jahren sind die zur Navigation verwendeten Satellitennavigationssysteme wie das Global Positioning System (GPS) und das europäische Pendant GALILEO für viele Vermessungsarbeiten unentbehrlich geworden. Die mit diesen Systemen bestimmten Höhen sind allerdings nicht direkt nutzbar, da sie rein geometrisch festgelegt werden und sich nicht auf den Meeresspiegel beziehen. Für die Bestimmung praxisrelevanter physikalischen Höhen ist deshalb ein Modell der Höhenbezugsfläche notwendig, das in der Geodäsie als Geoid oder Quasigeoid bezeichnet wird. Die Höhenangabe bzgl. eines Ellipsoids bezieht sich auf eine regulär geformte, rein mathematische Rechenfläche (ellipsoidische Höhe) statt wie bei physikalischen Höhen auf die unregelmäßig geformte Gleichgewichtsfigur des Erdschwerefeldes (Geoid). Die Abweichungen zwischen beiden Bezugsflächen können im Extremfall über 100 m betragen.

Für die Angabe von Höhen über dem (lokalen) Meeresspiegel benötigt man ein vertikales Datum (vgl. IHRS, EVRS und DHHN2016). Dazu genügt in der Praxis für die Festlegung des Nullniveaus in die Vorgabe der Höhe mindestens eines Punktes im Netz. Alternativ kann ein Höhendatum auch durch die Angabe eines Referenzellipsoides und eines dazugehörigen Geoid- oder Quasigeoidmodells beschrieben werden. Aus GNSS-Messungen abgeleitete ellipsoidische Höhen können damit in physikalische Höhen umgerechnet werden.