Radiointerferometrie (VLBI)
Radioquellen oder Quasare bilden heute die Grundlage für die Vermessung der Welt.
Mit dem Verfahren der „Very Long Baseline Interferometry“ (VLBI, Radiointerferometrie auf langen Basislinien) werden zwei weit voneinander entfernte Radioteleskope auf dieselbe Radioquelle im Weltall (einen Quasar) ausgerichtet. Die Radiowellen, die von den Quasaren abgestrahlt werden, erreichen eines der beiden Teleskope etwas früher als das andere. Durch ein mathematisches Verfahren zum Vergleich von Signalen (Korrelation) wird die Differenz der Ankunftszeiten des Signals an den Teleskopen ermittelt. Aus dieser Zeitdifferenz wird bei bekannter Geschwindigkeit des Signals (Lichtgeschwindigkeit) über die Geometrie der Abstand zwischen den Teleskopen sehr genau abgeleitet.Damit messen wir Entfernungen zwischen Radioteleskopen, also Basislinien, selbst wenn sie sich auf verschiedenen Kontinenten befinden. Das weltweite Netz von Basislinien bildet die Grundlage der Erdvermessung.
Auf den Zeitunterschied kommt es an
Die Strahlung der Quasare, erreicht nach Milliarden Jahren das Radioteleskop 1 und wird dort aufgezeichnet. Das gleiche geschieht auch am Radioteleskop 2, nur trifft dort die gleiche Strahlung aus geometrischen Gründen ein paar tausendstel Sekunden später ein. Diesen Zeitunterschied können wir heute an sogenannten Korrelatoren präzise bestimmen. Multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit ergibt sich daraus eine Strecke, mit der wir die Länge der Basislinie berechnen können - einfache Trigonometrie.
Messprogramme
Alleine geht es nicht
Das Messprinzip erfordert mindestens 2 Radioteleskope und gleichzeitiges Beobachten vorgegebener Radioquellen. Schon deshalb ist eine straffe Koordination erforderlich. Der International VLBI Service organisiert und koordiniert die Messprogramme und regelt den Datenfluss und die Analyse. Die einzelnen Aufgaben sind auf die verschiedenen Institutionen weltweit verteilt.
Mit den drei Radioteleskopen auf dem Geodätischen Observatorium Wettzell, dem Radioteleskop des Observatoriums AGGO und dem Radioteleskop O'Higgins hat Deutschland einen großen Anteil im Beobachtungssektor.
Ständig in Aktion
Da die Erde immer in Bewegung ist, müssen wir sie regelmäßig vermessen. Aus den jeweiligen Aufgabenstellungen ergeben sich Programme (Sessions) mit unterschiedlichen Stationen und Beobachtungszeiten. Die R1- und R4-Sessions dauern je 24 Stunden und dienen vor allem der Bestimmung der Orientierung der Erde im Raum, das heißt es werden Polbewegung, Drehgeschwindigkeit und Nutation bestimmt.
Täglich ist das Observatorium Wettzell an einstündigen Messungen der Drehgeschwindigkeit beteiligt, den sogenannten Intensive-Sessions. Die Aufzeichnungen werden innerhalb kürzester Zeit zum U.S. Naval Observatory in Washington übertragen, korreliert und die Drehgeschwindigkeit berechnet. Diesen Daten werden regelmäßig an die GPS-Satelliten übertragen, um die Genauigkeit des Navigationssystems zu gewährleisten.
Etwa alle zwei Monate finden die sogenannten T2-Sessions statt, die der Beobachtung des terrestrischen Referenzrahmens dienen und an der sämtliche zur Verfügung stehende Radioteleskope teilnehmen. Von Zeit zu Zeit werden in CRF-Sessions auch die Positionen der Radioquellen überprüft, um die Stabilität des himmelsfesten Bezugssystems (CRF) nachzuweisen.
Wichtige Daten
Durch die hohe Genauigkeit des Messverfahrens von besser als 1 cm, den Bezug auf ein himmelsfestes Referenzsystem und die mittlerweile über 30 Jahre langen Zeitreihen liefert die Very Long Baseline Interferometry wertvolle Informationen zu:
- Referenzsystemen
- Bewegungen der Erde (Tageslänge LoD bzw. Erdrotationswinkel (UT1, Polbewegung, Nutation und Präzession)
- Plattentektonik
- Atmosphärenparameter
Korrelation
Bei der Korrelation wird der Zeitunterschied ermittelt, mit dem die Strahlung bei den verschiedenen Radioteleskopen eingetroffen ist.
Hierzu werden die beschriebenen Datenmodule an Korrelationszentren versandt, wo zwischen je zwei Signalspuren innerhalb eines bestimmten Zeitfensters eine Kreuzkorrelation durchgeführt wird. Hierfür kommen heute Software-Korrelatoren in leistungsstarken Rechnerclustern zum Einsatz.
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